Ian Fleming

Ian Fleming (Bronzebüste des Bildhauers Anthony Smith), Von Fortheloveofknowledge – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52648210

Ian Fleming hat James Bond eigenen Aussage zufolge nur erfunden, um seine Angst vor einer bevorstehenden Heirat ein wenig zu lindern. Der literarisch verwirklichte Traum von Abenteuer und Sex als Kompensation für den drögen Alltag sittsamer Zweisamkeit? Ist Bond nur ein Abbild Fleming? Eine Erkundung.

So englisch als wie Bond gemeinhin gilt, ist eigentlich nur sein Schöpfer – klassische englische Oberschicht. Ian Fleming wurde am 28. Mai 1908 in ein reiches Londoner Patrizierhaushalt hineingeboren. Der Vater war Tory-Abgeordneter im englischen Unterhaus. Der Militäroffizier fiel im Ersten Weltkrieg. Nach dem Besuch einer standesgemäßen Eliteschule studierte Fleming junior alles Mögliche ohne wirkliche Richtung und arbeitete mehr schlecht denn recht als Nachrichtenschreiber, später auch als Bankier. Flemings Leben war unstet. Er war sportlich, vielsprachig und galt als verwöhnter Snob aus der höheren Gesellschaft, der immerhin Winston Churchill persönlich kannte, und bei allem, was er tat, immer eine gewisse Langweile zur Schau trug. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er jahrelang für den Marinegeheimdienst, wo er auch geheime Missionen leitete.

Die Parallelen von Fleming und Bond

Ähnlichkeiten mit der Charakterzeichnung des Geheimagenten Bond fallen schnell ins Auge. Auch dass Fleming bei seinen Romanfantasien seine Erfahrungen mit dem Geheimdienst hat einfließen lassen, liegt auf der Hand, wenn auch beides ins Groteske überzeichnet wurde. Auch der fiktive Geheimagent Ihrer Majestät ist ein ausgezeichneter Sportler wie ein exzellenter Golfer; er raucht wie Fleming Kette, Spezialzigaretten mit drei Goldringen. Er liebt Alkohol, ohne von ihm abhängig zu sein. Dom Perignon, Chateau Lafite 1953 und eisgekühlten trockenen Martini – ganz exquisit. „Einen Moment noch. Drei Teile Gordon’s, ein Teil Wodka, ein halber Teil Kina Lillet. Schütteln Sie es gut durch, bis es eiskalt ist, und fügen Sie dann ein großes dünnes Stück Zitronenschale dazu hinzu. Verstanden?“, weist er in „Casino Royale“ (1953) den Barkeeper zurecht. „Dieser Cocktail ist meine eigene Erfahrung“, klärt Bond dort seinen amerikanischen Kollegen auf. Er sollte nach seiner ersten Eroberung Vesper heißen. „Geschüttelt und nicht gerührt“ wurde zu einem der geflügelten Worte Bonds in den Filmen, selbst wenn er es nicht immer sagte. Auch Bonds Kleidung ist in den Romanen weniger exquisit klassisch als in den Filmen, auch mal leger, wenn auch nie nachlässig. Meist trägt er Baumwollhemden. Nach außen wirkt der Fleming-Bond gut trainiert. 1, 83 Meter groß, 76 Kilogramm schwer, schlank, schwarze Haare, blaue Augen „hart wie Stein“, kleine Narben an der rechten Wange und Schulter. Als Commander für den britischen Auslandsgeheimdienst trägt er die Codenummer 007, angeblich hat sie Fleming einer US-Postleitzahlkombination entnommen, und als Dienstwaffe eine Beretta 25, die er aber in Dr. No durch eine Walther PPK ersetzen muss. Die Waffe, die seitdem mit Bond automatisch in Verbindung gebracht wird. Und er setzt sie bekanntlich auch regelmäßig ein. Als Angehöriger einer 00-Abteilung darf er nach eigenen Ermessen im Dienst töten, was er in den insgesamt zwölf Romanen 38-mal tut. Die berühmte Lizenz zum Töten.

Spieler Bond – Born to game

Dem selbsternannten „ Mann der Tat“ ist Schreibtischarbeit immer ein Gräuel: Bond liebt das Spiel im doppelten Sinn: Häufig ist Bond in Casinos anzutreffen, um bei Roulette und Baccara sein Glück herauszufordern. Heute hat er auf seinem Phone zahlreiche Apps, mit denen sich zocken und Geld und Zeit sparen lässt. Aber er ist eben auch ein Spieler im Umgang mit Menschen, die er von außen genau sezidiert und zu seinen Zwecken einsetzen kann. Bond lebt in einer Welt, in der Gewalt selbstverständlich ist. Er kämpft und lässt leiden, um nicht selbst leiden zu müssen. Er ist „ein Mensch, der die geradezu unheimliche Fähigkeit besaß, sich ganz in sich zurückzuziehen. Während er sich nach außen hin versteifte, die Fäuste ballte und gegen den Schmerz ankämpfte, blieb er im Inneren ganz ruhig“, heißt es in einem Roman von Raymond Beson. Bond ist kalt und berechnend, was sein Überleben sicherte, und wenn es es nicht anders geht, auch grausam.

Held als Anti-Held

Kein strahlender Held oder gar ein Supermann, zu dem er in späteren Bondfilmen mutierte, war der literarische Fleming-Bond, sondern ein Mensch in Krieg mit der Umwelt, der nichts mehr hasste als Langweile: Ein disziplinierter Killer, ein unsentimentaler Einzelgänger ohne echte Bindungen, der seine Einsamkeit mit dem Gestus der eigenen Unfehlbarkeit relativiert. Einer, der Geschmack hat, Sex, gutes Essen oder gute Kleidung schätzt. Bond liebt das savoir vivre, weil er jederzeit sein Leben verlieren konnte. Obwohl charmant im geselligen Umgang, hat Bond keine wirkliche Freunde. Schon zu Schulzeiten hat er keine gehabt. Er ist auch kein guter Schüler gewusst. Wenn er auch auf die besten Schulen ging, ist Bond an Intellektualität nie wirklich interessiert gewesen; von den schönen Künsten wusste er nur wenig. Er ist allerdings mit genügend Intelligenz und ausgeprägter Halbbildung ausgestattet, um Fakten und Zusammenhänge schnell erfassen zu können. In der Beziehung machte Fleming seine Erfindung sicher kleiner als er war.

Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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