Nach einer längeren Zwangspause hauchte Pierce Brosnan dem scheinbaren Anachronismus Bond in den 1990er-Jahren neues Leben ein. Seine Filme gelten gemeinhin nicht als Höhepunkte der Reihe, trugen den Mythos des smokingtragenden Weltenretters aber in eine neue Generation weiter.
18.) Goldeneye (1995)
Die Fakten: Regie: Martin Campbell; Produktion: Albert R. Broccoli, Michael G. Wilson, Barbara Broccoli; Buch: Michael France, Jeffrey Caine; Kamera: Phil Meheux.
Der Inhalt: Bonds Gegenspieler kommt erstmals aus dem eigenen Lager. Der fälschlich für tot gehaltene Ex-Kollege von James Bond, 006 Alec Trevelyan, versucht mit dem Super-Satelliten “Goldeneye”, der alle elektronische Geräte in einem Umkreis von einigen Kilometern ausschalten kann, den größten Diebstahl aller Zeiten zu unternehmen.
Der bondigste Moment: Bond springt in der Eingangssequenz spektakulär mit einem Bungeeseil die Verzasca-Staumauer im Tessin hinunter.
Das Zitat: „Ich halte Sie für einen sexistischen, frauenfeindlichen Dinosaurier“ (M zu Bond)
Die Wertung: Das Beste an diesem Film ist, dass es ihn überhaupt gab. Und vor allem dass Brosnan der neue akzeptierte Bond war und die Serie aus den ideologischen Ruinen des Kalten Krieges wiederauferstand. Mit zahlreichen Seitenhieben auf die eigene Vergangenheit wird Bond ins Neuland der unipolaren Weltordnung geschickt. Die Panzerverfolgungsjagd in St.Petersburg ist spektakulär. Nur getoppt von dem Bungeesprung am Anfang des Filmes. Zweifellos der zweitbeste Stunt der Bondgeschichte.
19.) Der Morgen stirbt nie (1997)
Die Fakten: Regie: Roger Spottiswoode; Produktion: Michael G. Wilson, Barbara Broccoli; Buch: Bruce Feirstein; Kamera: Robert Elswit.
Der Inhalt: Der gerissene internationale Medienmogul Elliot Carver schürt durch bewusste Fehlinformationen über seine Zeitungen eine gefährliche Krise zwischen China und Großbritannien. Zusammen mit der chinesischen Kollegin Wai Lin findet Bond heraus, dass Elliot einen dritten Weltkrieg provozieren will, um von diesen dann exklusiv weltweit berichten zu können. Im südchinesischen Meer kommt es zu einem feurigen Countdown zwischen Bond und Carver.
Der bondigste Moment: Bond springt mit einem Motorrad 15 Meter über einen Hubschrauber hinweg.
Das Zitat: „Der Unterschied zwischen Wahnsinn und Genie definiert sich lediglich aus dem Erfolg“ (Carver)
Die Wertung: Was besonders wehtut: Das 1990er-Jahre-Remake von „Der Spion, der mich liebte“ ist im Nachspann dem verstorbenen Franchise-Patriarchen Cubby Broccoli gewidmet. Und das hat dieser wirklich nicht verdient. Der Film ist zwar wie kein anderer Brosnan-Bond an die alt-klassische Bonddramaturgie angelehnt. Doch werden die Standards schrecklich lieb- und inspirationslos abgespult, dazu scheint Bonds Hand in diesem Film merkwürdig mit Maschinengewehren verwachsen zu sein. Bumm-Bumm-Fast-Food-Bond. Gut immerhin: Wenn der Film aus ist, hat man wieder Lust auf einen richtigen Bond.
20.) Die Welt ist nicht genug (1999)
Die Fakten: Regie: Michael Apted; Produktion: Michael G. Wilson, Barbara Broccoli; Buch: Neil Purvis, Robert Wade, Dana Stevens; Kamera: Adrian Biddle.
Der Inhalt: Nach der Ermordung von Sir Robert King, eines Ölmultis, in den Mauern des Mi6 wird James Bond zum Schutz der Tochter und Großerbin, Elektra King, abgestellt. Doch schnell entdeckt Bond, dass die geheimnisvolle Schöne weniger Opfer als vielmehr Täterin ist. Um den Profit aus der auszubauenden Ölpipeline in Aserbaidschan zu maximalisieren, plant sie Istanbul radioaktiv zu kontaminieren. Das geht nun mal gar nicht, so dass Bond King nicht nur an die Wäsche geht, sondern ihrem Treiben auch den Garaus macht.
Der bondigste Moment: Eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit einem Rennboot durch die Gewässer Londons im Vorspann des Films
Das Zitat: „Was wäre das für eine Welt, in der man nicht einmal einem Schweizer Bankier vertrauen kann“ (Bond zu einem Bankier)
Die Wertung: Michael Apted brachte ungewöhnliche Dramaelemente in die Serie, blieb aber sonst in dem Blockbuster-Action-Kino-Einerlei der 1990er-Jahre gefangen. Sophie Marceau ist toll, aber sonst fehlt dem Film eine eigene Note. Zu steril, zu „falsch“, zu beliebig, zu sehr austauschbar. Er hat sich bemüht, würde in einem Zeugnis über den Film schreiben. Und das ist selten ein Kompliment.
21.) Stirb an einem anderen Tag (2002)
Die Fakten: Regie: Lee Tamahori; Produktion: Michael G. Wilson, Barbara Broccoli; Buch: Neil Purvis, Robert Wade, Dana Stevens; Kamera: Adrian Biddle.
Der Inhalt: Nach einer missglückten Mission in Nordkorea und einem mehrmonatigen Aufenthalt in einem Foltergefängnis begibt sich Bond auf die Suche nach dem Verräter. Er stößt auf die Machenschaften des Millionärs Gustav Graves, hinter dem sich in Wirklichkeit der nordkoreanische Schurke Moon verbirgt. Von einem futuristischen Eispalast in Island aus will Graves alias Moon mit einer Satellitenwaffe Südkorea entwaffnen.
Der bondigste Moment: Das dramatische Fechtduell zwischen Bond und Gustav Graves in einem Londoner Fechtclub.
Das Zitat: „Schlafen kann man, wenn man tot ist“ (Gustav Graves)
Die Wertung: Der bipolare Bondfilm der Brosnan-Ära. Zwei grundverschiedene Hälften. Anfangs ein bärtiger, leidender Mensch in nordkoreanischen Umerziehungslagern, spannend, packend, smart wie nie zuvor. Doch als es nach Island ging, der totale Zusammenbruch – storytechnisch, technisch, dramaturgisch. Und das war für jeden sichtbar, auch wenn der tolle Flitzer sogar unsichtbar geworden war.
[stextbox id=“info“] Der kurze Listenchek der Bond-Filme ist ein kleiner Ausschnitt aus einem größeren Textprojekt über das Phänomen James Bond. Es trägt den Arbeitstitel „Der Sinn von Bond 007“ und soll im Spätherbst nächsten Jahres zu Start von Bond 24 auf den Markt kommen. Vormerken also![/stextbox]
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