Lothar Matthäus war auf dem Höhepunkt seines Könnens und auch fieseste holländische „Spuck-Attacken“ wurden abgewehrt: Die deutsche Elf wurde 1990 in Italien zum dritten Mal Weltmeister und Franz Beckenbauer setzte sich endgültig ein Denkmal.
Vor allem ein Bild der WM 1990 in Italien hat sich im Gedächtnis der deutschen Fans festgesetzt. Wie am späten Abend des 8. Juli Franz Beckenbauer, die Hände tief in der beigefarbenen Hose vergraben, mutterseelenallein und gedankenverloren über den Rasen des römischen Olympiastadion schlenderte. Vom Trubel um sich herum schien er nicht zu merken. Dabei war er gerade endgültig in den Fußball-Olymp aufgestiegen. Seine deutschen Kicker hatten durch einen Elfmetertreffer von Brehme gegen Argentinien das WM-Finale gewonnen – Deutschland hatte mit Brasilien und Italien aufgeschlossen und war zum dritten Mal Weltmeister geworden. Als Trainer und Spieler Weltmeister zu werden: Das hatte bisher nur der Brasilianer Zagallo geschafft.
Der Mythos der deutsch-holländischen Erbfeindschaft
Der Triumph von Matthäus, Völler, Klinsmann & Co. war nicht das angeblich typische Duselprodukt – auch wenn im Halbfinale gegen England im Elfmeterschießen wie fast immer das Glück auf der deutschen Seite war. Die Beckenbauer-Elf war wirklich das stärkste Team der WM und hatte mit einem überragenden Lothar Matthäus auch den Star des Turniers in ihren Reihen. Überragend seine beiden Toren bei dem glanzvollen 4:1-Auftaktsieg gegen Jugoslawien, der den Weg ins Achtelfinale ebnete. Wo wieder einmal die Lieblingsgegner aus Holland warteten. Das hochklassige und dramatische Spiel wurde zu einem Klassiker und Meilenstein zum späteren Titel. Klinsmann machte das Spiel seines Lebens (manche spotten, es sei sein einzig wirklich gutes gewesen) und schoss zusammen mit Brehme den deutschen 2:1-Sieg heraus. Unvergesslich aber auch die emotionalen Aussetzer. Nach einem harmlosen Rempler zwischen Völler und dem holländischen Torwart van Breukelen rastete Frank Rijkaard aus. Er attackierte Völler verbal und zerrte ihn an den Haaren. Der argentinische Schiedsrichter schickte aus unerfindlichen Gründen beide vom Platz. Ein erregter Heribert Fassbender wollte vom Kommentatorenplatz den Unparteiischen gleich wieder in die Pampa schicken. Und Rijkaard kriegte sich immer noch nicht ein: Beim Verlassen des Feldes spuckte er Rudi Völler gleich zweimal ins Gesicht. Der Mythos der deutsch-holländischen Rivalität war wieder um ein wichtiges Kapitel reicher.
Die „Löwen“ waren kaum zu bändigen
Was 1982 und 1986 Spezialdisziplin der Deutschen war, kam diesmal den Argentiniern um den alternden Superstar Maradona zu: Sie schummelten sich ins Finale. Ganze fünf Treffer erzielten sie im ganzen Turnier in der regulären Spielzeit. Einem glücklichen 1:0-Sieg über ungewohnt defensive Brasilianer folgten zwei Siege über Jugoslawien und Gastgeber Italien im Elfmeterschießen.
Irrer Torwart
Für Aufsehen sorgten 1990 auch die „Kleinen“. Costa Rica erreichte sensationell das Achtelfinale. Der pure Wahnsinn waren aber die Kameruner, die im Auftaktsspiel Titelverteidiger Argentinien besiegten und sich dann bis ins Viertelfinale durchdribbelten. Ober-„Löwe“ war der 38-jährige „Fußball-Rentner“ Roger Milla, der vor dem Turnier vom Staatspräsident persönlich reaktiviert worden war. Seine Lambadatänzchen an der Eckfahne nach jedem seiner insgesamt vier Tore wurden Kult. Genauso wie der kolumbianische Torhüter José-René Higuita, der mit seinen irren Ausflügen bis hinter die Mittellinie das Publikum in Atem hielt, damit am Ende aber auch das Ausscheiden seiner Mannschaft zu verantworten hatte. Auch wer wagt, gewinnt nicht immer.
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