Casino Royale Filmplakat

Casino Royale, UK-Filmplakat, wikimedia

Kein Q, keine Moneypenny, keine Gadgets, dafür ein blonder bulliger Bond, der schwitzend und keuchend um sein Leben kämpfte: Als Casino Royale vor zehn Jahren ins Kino kam, waren alle irritiert. Erinnerungen an einen Bondfilm, der die Figur ins 21. Jahrhundert katapultierte und wieder interessant machte.

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Craig wird 2005 als neuer Bond vorgestellt.




Der Name war Craig, Daniel Craig.

Mehr anders ging nicht mehr.

Das begann schon beim Aussehen.

Blond und blauäugig war der neue Bond.

Hallo?!

Ein Aufschrei ging durch die Fangemeinde, Websites wie „DanielCraigisnotBond.com“ erhielten rasanten Zulauf. Verzweiflung allerorts auch, als 2006 die ersten Fotos des neuen Films publik wurden. Ein muskelbepackter Bodybuilder entsteigt da wie weiland Ursula Andress den Fluten des karibischen Meeres. Wo war die Leichtigkeit geblieben, die so typische spöttische Überlegenheit, die bisher jedem Bonddarsteller mal so, mal so, auf jeden Fall wesentlich innezuwohnen schien?

Und dann erst die in schwarz-weiß gedrehte Eingangssequenz im neuen Film „ Casino Royale“, als ein schwitzender, völlig aufgelöster Bond in Todesangst auf seinen Gegner einprügelt und ihn schließlich brutal in einem Waschbecken ertränkt. So etwas hatten nicht nur die Bondfans noch nie gesehen.

Bond war nun „ein Klo-Killer. The real thing“, schrieb damals die ZEIT, hörbar verstört. Zuschauer und Kritiker staunten mit offenem Mund – und viele, wenn nicht die meisten waren nach einem kurzen Schock begeistert.

Bond wird wieder kulturelles Gesprächsthema

Mit Craig wurde Bond wieder Zeitgeistthema auch in den Feuilletons dieser Welt. Die Brosnan-Bonds waren Hits an den Kinokassen, aber in die Tageszeitungen schafften sie es nicht mehr. Werbung musste zielgruppengerecht nur noch auf RTL geschaltet werden. Das änderte sich mit dem Reboot grundlegend. Nicht nur die Kulturmedien holten die vermeintlich verstaubte Figur aus dem Keller, auch für Schauspieler, Regisseure, Autoren, die bis dahin beim Thema Bond lächelnd abwinkten, wurde Bond zu einer ernsthaften Option. Bond war plötzlich sogar attraktiv für das Arthouse-Segment geworden. Dass sich bekennende Autorenfilmer wie Marc Forster (Ein Quantum Trost)  für eine Bondregie entschieden, war vor Casino Royale absolut undenkbar.

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Trailer „Casino Royale“ (2006)

Ecce homo, ecce Bond

Mit Craig wurde der Charakter Bond nicht neu erfunden, aber wirklich glaubwürdig im Sinne Flemings geerdet, da auch die gängigen filmischen Handlungselemente gebrochen wurden und so der Neupositionierung des Helden konsequent folgten. Mit Craig zeigte sich Bond zum ersten Mal auch auf der Leinwand wirklich als Mensch. Er schwitzte, litt und vor allem, bis dahin qua defintione scheinbar ausgeschlossen: Er machte Fehler. Zunächst war der Craig-Bond nur „eine Waffe auf zwei Beinen“ (M), ohne klare Urteilskraft und Selbstbeherrschung. Jeder Snobismus war nicht nur äußerlich dem Craig-Bond zunächst völlig fremd. „Sehe ich aus, als ob mich das interessieren würde“, schnauzt Bond den Barkeeper an, als er nach seinen Martini-Vorlieben fragt. Zumindest in den ersten beiden Filmen kämpft der Craig-Bond weniger auf dem Sonnendeck als vielmehr in den dunklen hässlichen Maschinenräumen der Macht für das Gute.

Casino Royale als Neuanfang

Daniel Craig als ausgewiesener facettenreicher Charakterdarsteller gab der Figur James Bond eine bisher nicht gekannte Tiefenschärfe. Auch wenn eine Minderheit von Bond-Ideologen Daniel Craig bis heute immer noch strikt ablehnt und Bond mit dem Ende von Brosnan für beendet erklärt, ist Craig inzwischen allgemein der akzeptierte Bond. Mit ihm haben die Bondfilme die Reichweite wieder weit über den engeren Zirkel der Bondfans ausgebaut. Bond ist erfolgreicher denn je seit seiner Erfindung in den dunklen Zeiten des Kalten Kriegs, weil er die Zeit erfasst hat. Um Bond zu bleiben, musste sich Bond immer wieder erneuern. Konservativ sein, heißt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren, hat einmal der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß diese Dialektik elegant auf den Punkt gebracht. Alles sieht danach aus, dass die Bondmacher wieder an einem Neuanfang arbeiten müssen – 10 Jahre, nachdem Casino Royale das Bonduniversum revitalisierte.

Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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