Frauennichtversteher und Fußballnarr: Heinrich VIII. von England (1491-1547); Sotheby's / akg-images

Frauennichtversteher und Fußballnarr: Heinrich VIII. von England (1491-1547); Sotheby’s / akg-images

Frauenheld, Kirchengründer, Vielfraß: Wir glaubten ihn zu kennen, den legendären König von England an der Schwelle zur Neuzeit. Doch was kaum einer weiß: Heinrich VIII. war auch leidenschaftlicher Fußballer, der auch hier über Leichen ging.

Den organisierten Fußball gibt es seit über 100 Jahren, seit bald 3000 Jahren gibt es Spiele, die im weitesten Sinne mit dem heutigen Fußball zu vergleichen sind. Diese frühen fußballähnlichen Spiele waren aber immer Sache des gemeinen Volkes.  Adelige hielten sich von dem lauten Ballgetolle fern. Kickende Könige waren auch im vermeintlichen „Mutterland des Fußballs“ Englands völlig undenkbar. Bis die britische Mode-Historikerin Maria Hayward bei ihren Forschungen über den englischen König Heinrich VIII (1491-1547) das Gegenteil aufdeckte. Der Gründervater der anglikanischen Kirche war wohl der erste  Fußball spielenden Monarch der Gegenwart. Bisher hatten englische und schottische Könige das laute Spiel des Pöbels bekämpft und in der Regel verboten.

Königliche Fußballschuhe

Heinrichs Sportleidenschaft beschränkte sich bis dahin aufs Tennisspiel und auf allgemeine Fitnessübungen. Oftmals soll er gegenüber dem französischen Botschafter mit seinen muskulösen Waden geprahlt haben. 1526 muss es ihn dann in den Beinen gejuckt haben. Zu diesem Zeitpunkt verlangte der Herrscher „ein paar Schuhe für Fußball“. Und ließ sich diese Investition auch einiges kosten – vier Schilling (heutiger Wert: rund 150 Euro) wurden aus dem Steuersäckel locker gemacht.

Und dann ging es los. Mit einem Spiel, das mit dem heutigen Sport nur wenig zu tun hat. Es gab keine Spielplatzbegrenzung und die Mannschaften bestanden aus jeweils Hunderten von Spielern. Der Ball war nicht aus Leder, sondern eine aufgeblasene Schweinsblase. Ziel jeder Mannschaft war es, den „Ball“ in ihr Dorf zu schießen. Was offenbar sehr ernst genommen wurde. Regelmäßig soll es zu schweren Ausschreitungen gekommen sein.

Heinrich stellte die Regeln aus

Der spielfreudige Throninhaber war an diesen Nebengeräuschen nicht unschuldig. „Sehr ehrgeizig“ soll er laut der Aussage von Maria Hayward immer gewesen sein. „Immer“ soll er „gewonnen haben“. Was allerdings nicht nur an seinen Fußfertigkeiten, sondern auch an einer gewissen Zurückhaltung seiner Gegner gelegen haben dürfte: Der König war bekannt dafür, in Ungnade gefallene Höflinge kurzerhand köpfen zu lassen.

Vielleicht gingen ihm auch irgendwann seine Mitspieler aus. Später verlor Heinrich nämlich seine Freude an dem Spiel und verbot es kurzerhand wieder.

[stextbox id=“info“] Hayward, M.A. (2004), Fashion, finance, foreign politics and the wardrobe of Henry VIII. In, Richardson, C. (ed.), Richardson C, (ed.), Clothing Culture, 1350-1650. Aldershot, UK, Ashgate Publishing, 165-178. History of Retailing and Consumption[/stextbox] Print This Post Email This Post Email This Post

Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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