Aus tiefer christlicher Überzeugung kämpfte die bekannteste Figur der studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gegen das nationalsozialistische Gewaltregime und bezahlte dafür vor 78 Jahren mit ihrem Leben. Sophie Scholl wurde gerade einmal 21 Jahre alt. Ihr Schicksal bewegt noch heute.
Wie sehr das Regime Angst vor dieser mutigen jungen Studentin und ihren beiden Mitstreitern hatte, bewies die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der das Regime die Angeklagten aburteilen und ermorden ließ. Genug vier Tage lagen zwischen der Verhaftung Sophie Scholls und ihrem Tod durch das Fallbeil. Am 18. Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl bei der Verteilung eines regimekritischen Flugblattes in der Münchner Universität vom Hausmeister überrascht und den Staatsbehörden übergeben. Fast ohne Unterbrechung wurde Sophie Scholl verhört, bis sie am 22. Februar vor das Tribunal des „Volksgerichtshofs“ gestellt und wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt wurde. Dessen Präsident Roland Freisler war extra aus Berlin nach München gereist, um im Justizpalast am Karlstor öffentlichkeitswirksam gegen die „defaitistische Gedanken“ der Angeklagten zu hetzen. Noch am selben Tag wurde das Todesurteil vollstreckt. Von Gottvertrauen beseelt soll Sophie auch in ihren letzten Stunden bemerkenswerte Furchtlosigkeit an den Tag gelegt haben. „Ich bin nach wie vor der Meinung, das Beste getan zu haben, was ich gerade jetzt für mein Volk tun konnte. Ich bereue deshalb meine Handlungsweise nicht und will die Folgen, die mir aus meiner Handlungsweise erwachsen, auf mich nehmen“, zeigte sie sich bereits im Verhör von der Rechtschaffenheit ihres Tun zutiefst überzeugt. Noch heute beeindrucken Mut und Konsequenz von Sophie Scholl, die für ihre Haltung bewusst das Ende ihres noch so jungen Lebens in Kauf nahm. Im Jahre 2000 wurde Scholl von den „Brigitte“-Lesern zur „Frau des Jahrhunderts“ gewählt.
Glaubensstark und freiheitsliebend
Die innere Stärke und ideele Unbeugsamkeit Sophie Scholls wurzelten in ihrer Kindheit im idyllischen Städtchen Forchtenberg im Kochertal. Ihr Vater war der örtliche Bürgermeister und ganz gegen den Trend der Zeit ein überzeugter Demokrat, Pazifist und Hitler-Gegner der ersten Stunde. Sein liberales Credo bei der Erziehung seiner Kindern erklärte er seinem Sohn einmal folgendermaßen: „Ich möchte nur, dass ihr gerade und frei durch das Leben geht, wenn es auch schwer ist.“
Von ihrer Mutter erbte Sophie ihr Aussehen und ihren tiefen Glauben. Die Gemeindeschwester brachte ihren Kindern früh die Bibel und die Kirchenlieder nahe. Von der ausgeprägten Emphatie für Mitmenschen und einem tiefen Gerechtigkeitssinn sprachen Freunde schon früh, doch Sophie war auch ein Kind ihrer Zeit. Wenn auch nicht so stark wie ihr Bruder Hans, so ließ sich doch auch die sonst stille Beobachterin von der Jugenddynamik der Hitlerbewegung anstecken.
Vom „Bund Deutscher Mädchen“ in den Widerstand
Begeistert von der vordergründigen Lagerromantik trat Sophie Scholl nach dem Vorbild ihrer Geschwister 1934 in den „Bund Deutscher Mädchen“ ein und führte bald eine eigene Gruppe. Doch je offensichtlicher der menschenverachtende Charakter des Systems wurde und auch der ideologische Druck in den staatlichen Jugendorganisationen zunahm, desto mehr ging sie auf Distanz zum Nationalsozialismus. Vor dem Hintergrund der schrecklichen Kriegserfahrungen ihres Bruder Hans und ihres Freundes Fritz entwickelte sich diese Haltung ab 1940 zu einer aktiven unbedingten Opposition gegen das System weiter. Als 1942 erste Nachrichten über den Massenmord an den Juden sie erreichten, war die Zeit zum Handeln gekommen. Sophie Scholl hatte sich in der Studienzeit in München zusammen mit ihrem Bruder einem universitären Widerstandskreis um Professor Huber angeschlossen, der sich aus nicht mehr klar erkenntlichen Gründen „Weiße Rose“ nannte.
Widerstand im Namen des „christlichen Abendlands“
In Flugblättern wurde im Namen der individuellen Freiheit und der Verantwortung als Mitglied der „christlichen und abendländischen Kultur“ zum Sturz des Regimes aufgerufen. Insgesamt entstanden sechs Flugblätter, die in konspirativer Kleinarbeit in immer höheren Auflagen an ausgewählte Akademiker im Münchner Umfeld verteilt wurden, bei denen man eine kritische Haltung zum Staat vermutete. Sophie Scholl wusste um die Risiken, die sie einging. Sie fand starken Halt in ihrem, in den Kriegsjahren noch stärker gewordenen Glauben an einen gütigen Gott. So blieb sie auch an dem Tag des Todes tapfer und ruhig. „So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich muss gehen. Aber (..) was liegt an meinen Tod, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt werden“, sagte Scholl wenige Stunden vor ihrer Hinrichtung.
Literaturtipp:
Barbara Leisner, Sophie Scholl: „Ich würde es genauso wieder machen“, List: Berlin 2001.
Barbara Beuys, Sophie Scholl – Biografie, Insel: Berlin 2011.
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